Als Anbieter von Entwicklungsleistungen benötigt man individuell auf die Kunden angepasste Vertragsklauseln. Wie geht das, ohne für jede Kleinigkeit den Anwalt fragen zu müssen?
Ein Beispiel: Ein Unternehmen mit Spezialisierung auf Messebau entwickelt zunehmend hoch technisierte Ausstellungsexponate. Was früher reine Schreinerarbeiten waren, sind nun Exponate mit Multimediaanwendungen. Eingesetzt werden Standard-Hardware und -Software, teils Open Source, vielfach aber auch eigene Programmierleistungen. Die dabei im Auftrag entstandene neue IP umfasst daher von Designs bis zu Computerprogrammen eine enorme Bandbreite. Die Kunden, zunehmend internationale Großkonzerne, verlangen daran regelmäßig umfassende Nutzungsrechte, oft mittels sehr weitgehender Standard-Vertragsklauseln. Je nach kaufmännischer Vereinbarung und der Art der zu entwickelnden Werke ist das für unser Beispielsunternehmen akzeptabel, manchmal aber auch nicht.
Das Problem: Der Einzelfall
Das über Jahre aufgebaute Know-how und eigene Tools, die auch für zukünftige Aufträge anderer Kunden gewinnbringend eingesetzt werden sollen, dürfen nicht durch Anwendung unsachgemäßer Musterklauseln des Kunden für unser Unternehmen verloren gehen. Welche Nutzungsrechte der Kunde woran erhalten soll, muss daher genau und auf den Einzelfall abgestimmt im Vertrag definiert werden. Soll der Kunde das Exponat oder die dafür entwickelte Steuerungssoftware für Messen nutzen dürfen, oder gegebenenfalls vervielfältigen oder bearbeiten und an andere Firmen vertreiben, also zum Konkurrenten werden können? Außerdem kann das Unternehmen nur das an Rechteumfang an den Kunden geben, was es tatsächlich selber innehat, weshalb immer auch die Rechtekette, z.B. vom als Freelancer beauftragten Softwareprogrammierer zum Unternehmen, berücksichtigt werden muss. Pauschal exklusive Nutzungsrechte an einer Software zu versprechen, die Open Source-Code enthält, geht schlicht nicht. Vielleicht sollen Nutzungsrechte territorial begrenzt werden, usw. usf.
Um sich abzusichern und um sich nicht jedes Mal mit länglichen Terms & Conditions des Kunden beschäftigen zu müssen, würde man also am liebsten eigene AGB entwickeln und gegenüber den Kunden zum Einsatz bringen. Aber wie soll man all diese abweichenden, individuellen Fälle in Muster-Vertragsklauseln gießen?
Die Lösung: Ein AGB-Baukasten
Klar, Rechtssicherheit erlangt man nur, wenn man jeden einzelnen Fall mit seinen Spezifika genau ansieht und dann darauf angepasste Vertragsregelungen erstellt. Das ist wie ein Maßanzug, der Idealfall. Aber: Aus Anwaltssicht tauchen in vergleichbaren Fällen immer wieder dieselben Fragen und Probleme auf. Die letztlich verwendeten Vertragsklauseln ähneln sich. Dann kann man daraus auch auf den Mandanten und sein Geschäft abgestimmte Standards entwickeln – spezialisierte Konfektionsware quasi.
Wie geht das?
- Eingrenzen der regelmäßig vorkommenden Vertragskonstellationen,
- Identifikation der Ziele des Unternehmens und
- Definieren der dazu passenden vertraglichen Regelungen
- Aufbereitung der Standard-Klauseln dergestalt, dass ein juristischer Laie sie zumindest weitgehend alleine auf die konkrete Geschäftsanfrage hin zusammenstellen kann, d.h.
- Kennzeichnung von Standard, alternativer und optionaler Regelungen und
- Aufnahme von Erläuterungen in die Muster, um den Mandanten Guidance zu geben.
Im Beispiel betrifft das bspw. die Definition derjenigen „Werke“, an denen Rechte eingeräumt werden sollen, die Abgrenzung zu beim Anbieter verbleibenden Tools und Background-IP, den Umfang an Nutzungsrechten, inhaltliche, zeitliche oder räumliche Begrenzungen, Zeitpunkt der Rechteeinräumung, Vergütungssysteme, Haftung und Gewährleistungen etc.
Der Vorteil: Zeit- und Kostenersparnis
Der Mandant kann mit dem Baukasten das für den Einzelfall sinnvolle bzw. erforderliche Set an Vertragsklauseln eingrenzen. Mit dem Anwalt sind dann Sonderfragen zu diskutieren, er macht einen finalen Check auf Plausibilität, Vollständigkeit und Rechtmäßigkeit, bevor Angebot oder Vertrag an den Kunden gehen. Das spart Geld, aber vor allem Zeit, die gerne knapp ist bei der Erstellung eines Angebots; es gibt für den Mandanten schließlich auch kommerzielle Themen zu bearbeiten.
Solche Vertrags-„Baukästen“ aus Anbieter-Sicht sind natürlich auch im Bereich IT, z.B. der Softwareerstellung und -überlassung, oder bei jeder Art von Handelsverträgen möglich und sinnvoll.
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